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What a wonderful world

Zuerst war es nur ein Gedanke, eine vage Idee. Daraus entwickelte sich unser Traum, den wir mit dieser Reise umgesetzt haben. Es war die richtige Entscheidung. An alle, die Ähnliches erleben möchten, können wir sagen «go for it», es lohnt sich. Wichtig dabei ist, Zeit- und Routenpläne zu Hause zu lassen. Wir haben bei uns selbst beobachten können, wie sich unser Reiseverhalten im Verlauf der Tour verändert hat. Bestimmten am Anfang noch Sehenswürdigkeiten unseren Weg, liessen wir uns immer mehr treiben und waren so frei, um spontan auf die Menschen und ihre Tipps einzugehen. Sie veranlassten uns zu einigen unvorhergesehenen aber durchaus lohnenswerten Umwegen. An verschiedenen Orten blieben wir gar für mehrere Tage bis Wochen hängen und tauchten in den Alltag unserer Gastgeber ein.

Ja, wir haben viel gesehen und erlebt. In Erinnerung bleiben Orte, die wir besucht und Abenteuer, die wir unternommen haben. Im Herzen behalten wir die Menschen. Sie machten die Reise erst zu dem, was sie war: Ein einmaliges Erlebnis! Manchmal blieb es bei flüchtigen Bekanntschaften, aus anderen Begegnungen entstanden tiefe Freundschaften. Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl, immer wieder auf Leute zu treffen, die sich ohne Grund oder in Erwartung einer Gegenleistung uns Fremden annahmen. Leute, die uns sofort vertrauten und uns ihr Haus und Herz öffneten. Diese spontane Gastfreundschaft hat uns echt beeindruckt. Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen bedanken, die unsere Reise auf die eine oder andere Weise bereichert haben. Ihr alle habt uns so viel gegeben, thanks so much!!

Die Kehrseite der Medaille ist das häufige Abschiednehmen von liebgewonnen Menschen. Je länger die Reise dauerte, desto schwerer fiel uns dieser Akt. Das hat wohl ebenfalls mit den sich verschiebenden Prioritäten zu tun, die wir oben bereits erwähnt haben. Am Anfang waren wir kaum zu halten, wollten alles entdecken, alles sehen. Mit der Zeit merkt man, dass das, was einen wirklich berührt nicht die Sehenswürdigkeiten, sondern die Menschen sind. Die Natur versetzt uns zwar in Staunen und kann uns auch mal vor lauter Schönheit die Tränen in die Augen treiben, doch der Austausch mit einem fremden Menschen geht noch tiefer und kann sehr inspirierend sein. Die Neugier und der Wissensdurst sind auf beiden Seiten unbegrenzt und plötzlich merkt man, wie sich einem die Augen öffnen, wie sich der eigene Horizont erweitert. Ein gutes Gefühl; man muss bloss aufpassen, dass man nicht abhebt. ;-)

Eine Reise kann einen Menschen verändern. Ob das auch bei uns der Fall war, können wir nicht selbst beurteilen. Sie hat uns aber sicher geprägt und uns in allen Belangen viel gelehrt. Auch gegenseitig und über uns selbst. Die letzten 12 Monate hatten wir beide nur wenig Freiraum voneinander. Zusammen haben wir uns gerade mal 3 m² geteilt. Wir sind uns bewusst, dass es unter diesen Umständen nicht selbstverständlich ist, dass unsere Beziehung intakt blieb. Vor allem wenn wir bedenken, dass wir uns vor der Reise jeweils nur am Wochenende gesehen haben, sind wir über den Ausgang doppelt glücklich. Wir wissen nun mehr denn je, was wir aneinander haben und dass wir uns 100% aufeinander verlassen können.

Klar gab’s auch mal Meinungsverschiedenheiten, aber die waren meist unbedeutend. Die grössten Reibereien entstanden bei der Diskussion über die Dauer unserer Reise. Markus beginnt nach ein paar Monaten die Arbeit zu vermissen. Ihm fehlen ein geregelter Tagesablauf und die geistige Herausforderung. Lulu erlebt es genau umgekehrt. Sie liebt das Gefühl der absoluten Freiheit und Unabhängigkeit. Zudem empfindet sie die geistige Herausforderung unterwegs als mindestens so gross und mindestens doppelt so spannend wie zu Hause. Jeden Tag gibt es Neues zu entdecken und zu lernen. Alleine oder im Austausch mit Markus oder Fremden macht sie sich viele Gedanken über die schönen und weniger schönen Seiten dieser Erde und ihren Bewohnern. Sie ist noch lange nicht müde und würde gerne weiterreisen. Markus hingegen hat Mühe, die ständig neuen Eindrücke aufzunehmen, geschweige den einzuordnen. Er will nach Hause. So fügt sich Lulu nach vielen Tränen ihrem Schicksal, denn alleine nach Mittel- und Südamerika weiterzureisen mag und traut sie sich nicht. Wir haben die Reise zusammen begonnen und so soll sie auch enden. Ohne Markus und Nanuq wäre es nicht mehr dasselbe. Vielleicht, so hofft Lulu, kehrt bei Markus eines Tages das Reisefieber zurück. Für diesen Fall hat sie schon unzählige Ideen und Traumdestinationen parat... ;-)

Aber vorerst kehren wir in unsere alte Heimat zurück. Wir wissen, dass wir mit der einjährigen Auszeit ein nicht selbstverständliches Privileg geniessen durften. Wären wir nicht in der Schweiz geboren worden, hätten wir uns eine solche Reise wohl nie leisten können. Nicht selbstverständlich ist auch die Tatsache, dass wir (fast) ausschliesslich auf positive Erlebnisse zurückblicken können und von Unfällen und Krankheiten verschont blieben. Lief mal etwas nicht nach Plan, stellte sich im Rückblick meist heraus, dass wir dadurch etwas anderes gewonnen haben. Es lehrte uns, nicht beim ersten Widerstand zu verzweifeln, sondern geduldig und positiv voranzuschreiten. Wir wissen nicht, was wir uns von dieser Reise noch mehr hätten erwünschen können. Wir sind dankbar...

wesiosi.ch